Unterstützungsgruppe:


Die „Unterstützungsgruppen“  sind nicht groß. ( 3 - 5 anwesende Mitglieder sind ideal).

Hier geht es nicht nur um „Tipps“ zur Bewältigung schwieriger Lebenssituationen und negativer Stimmungen (wie Angst und Depression) sondern vor allem um „soziale Unterstützung“: Sich nicht alleine fühlen, sondern Geborgenheit und Solidarität in einer mitfühlenden Gemeinschaft erleben können. Einer Gemeinschaft Leidender, aber auch einer Gemeinschaft hilfsbereit Gebender. 

Was machen wir genau: Wir lernen nicht nur die individuellen Schwierigkeiten aller Gruppenteilnehmer kennen, sondern auch deren Persönlichkeiten mit all ihren Stärken und Ressourcen.  Wir entdecken Gemeinsamkeiten bei Problementstehung und der Möglichkeit konstruktiver Problembewältigung mit einer Wiedererlangung des Gefühls von Selbstwirksamkeit und Würde. 



Selbsterfahrungsgruppe:


Auf der Suche nach den tiefer gehenden Ursachen psychischer Symptome finden sich existenzielle Konflikte und zwischenmenschliche Interaktions- bzw. Kommunikationsprobleme. Gruppentherapie ist in diesen Problembereichen oft wirksamer als Einzeltherapie. Die Lerneffekte in der Gruppe sind z.T. wesentlich eindrucksvoller, da „schwierige Situationen“ nicht nur aus der Ferne betrachtet (d.h. vom Patienten berichtet) werden müssen, sondern „im Hier und Jetzt“ der Gruppe im Beisein des Therapeuten erlebt werden. Ich biete interaktionelle Selbsterfahrungsgruppen an. Derartige Gruppen stellen einen „Mikrokosmos“ dar: D. h. man kann davon ausgehen, dass bedeutsame zwischenmenschliche Problematiken, die für einen Patienten „draußen im Leben“ relevant sind, auch und gerade in einer Therapiegruppe deutlich werden. Die Bearbeitungsmöglichkeiten in der Gruppe sind wesentlich günstiger als „im richtigen Leben“: Da sich die Gruppenmitglieder nicht kennen, bestehen keine gegenseitigen Abhängigkeiten und Voreingenommenheiten. Feedback und Situationsklärung sind unmittelbar möglich. Es herrscht strenge Schweigepflicht. Interaktionelle Selbsterfahrungsgruppen eignen sich für Menschen, die ihre derzeitigen (und früheren) psychischen Probleme in direktem Zusammenhang mit eigenen Schwierigkeiten im Bereich des zwischenmenschlichen Umgangs (Kommunikation, Konfliktverhalten etc.) sehen können. Je größer die Hemmungen sind, eine Selbsterfahrungsgruppe aufzusuchen, desto sinnvoller könnte der Besuch einer solchen Gruppe sein. Hemmungen gegenüber einer Gruppe bedeuten zumeist, dass der Betroffene negative Erfahrungen mit Menschen bzw. mit Gruppen von Menschen gemacht hat und dass diese Erfahrungen den Betroffenen in seiner Lebensgestaltung einschränken und behindern - solange keine alternativen Erfahrungen gemacht werden. Genau dieses soll in einer Selbsterfahrungsgruppe ermöglicht werden.


Die Kosten werden in der Regel von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet.


Die Teilnahme an meinen Gruppen erstreckt sich meist über mindestens 30 Termine. Die Gruppen finden 14-tägig statt.

Es werden bis zu 5 Vorgespräche (Einzelsetting) geführt. Begleitend zur laufenden Gruppentherapie finden ebenfalls Einzelgespräche statt: Anfangs 14-tägig, meist in der Woche, in welcher keine Gruppensitzung stattfindet, im weiteren Verlauf nach Bedarf.


In einer Selbsterfahrungsgruppe lernen Sie mit Hilfe von Feedback und Selbstbeobachtung.....


……welche Gefühle Ihr Verhalten bei anderen auslöst.


.......wie Ihr Verhalten Ihre Meinung von sich selbst beeinflusst.


........wie Ihr Verhalten die Meinungen hervorbringt, die andere von Ihnen haben.


.......wie andere Sie - in der Folge Ihres Verhaltens - schätzen, ablehnen, respektieren, Sie meiden, Sie ausbeuten, sich vor Ihnen fürchten, usw..


Die Selbsterfahrungsgruppe ist eine Interaktions- und Trainingsgruppe. Die Trainingsziele sind individuell. Alle versuchen jedoch bestmöglich im „reflexiven Modus“ zu „mentalisieren“ (siehe Menüpunkt „Mentalisierung“). 


Wir interessieren uns weniger dafür wo jemand herkommt.


Wir interessieren uns sehr dafür wo jemand hin möchte.


Wir möchten etwas über uns und unsere Wirkung auf andere erfahren.


Wir wollen unsere Potenziale für erfolgreiches Verhalten kennen lernen.


Wir wagen es, neue Verhaltensweisen zu erproben.


Wir sprechen wenig über Probleme im „damals und dort“.


Wir sprechen viel darüber, was wir im „Hier und Jetzt“ (also innerhalb der Gruppe) erleben.


Jedes Gruppenmitglied hat ein spezielles  Erkenntnisziel und ein Trainingsziel (siehe unten).


Die Gruppe ist ein „Soziales Labor“, eine Möglichkeit, mit geringem Risiko neues Verhalten zu erproben.


Wir lernen uns intensiv kennen, indem wir uns unterhalten, zusammen etwas spielen und uns möglichst viel Feedback geben - so wie es „im richtigen Leben“ kaum möglich ist.


Zumeist wird über uns aktuell berührende Themen aus dem Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen gesprochen. Diese Themen entspringen hauptsächlich dem Gruppengeschehen. Es ist weniger wichtig worüber wir reden, wichtiger ist, wie wir miteinander reden: Hier gewinnen wir Erkenntnisse und Trainingsmöglichkeiten. Anzustreben ist ein intensiver, offener Austausch, so dass grundlegende Gefühle und übergeordnete Motivationen deutlich werden. Wir reden darüber, wie wir miteinander reden, wir sprechen darüber was mit uns und der gesamten Gruppe passiert.


Die Gruppe beginnt mit der Anfangsrunde: Hier sollen die augenblickliche Stimmungslage, Erwartungen, Motivationen und Zielsetzungen für die jeweilige Gruppenstunde geschildert werden.

Hieraus ergibt sich auch eine Agenda verschiedener Anliegen, die - nach Wichtigkeit gestaffelt - im Hauptteil der Gruppensitzung bearbeitet werden sollen.

Anschließend diskutieren wir, was wir im Rahmen dieser Bearbeitungsprozesse erlebt haben (Metaebene).

Wir betrachten beispielsweise, wie unterschiedliche Gruppenmitglieder im Diskussionsprozess in Erscheinung getreten sind, erörtern was die Motivationen hierfür gewesen sein könnten etc.  In der Abschlussrunde soll jeder Gruppenteilnehmer abschließend seine Gedanken und Gefühle äußern und was er sich für die nächste Gruppenstunde vornehmen möchte. In der Anfangs- und Abschlussrunde soll nicht diskutiert werden. Fragen und Kommentare kommen hier ausschließlich vom Gruppenleiter.

Meine Selbsterfahrungsgruppen finden anfangs im „Inkognito-Modus“ statt: Dies bedeutet, dass die Gruppenmitglieder nicht voneinander wissen, was jeweils Anlass zur Therapie gegeben hat. Desgleichen werden Beruf, familiäre Verhältnisse (Beziehungsstatus), wirtschaftliche Situation etc. nicht kommuniziert. Stattdessen stehen die aktuellen Gedanken, Gefühle, Stimmungen, Wünsche, Phantasien, Befürchtungen, Hoffnungen und Absichten im Mittelpunkt der Betrachtungen. 

Dieses Vorgehen soll die Gruppenarbeit „im Hier und Jetzt“ fördern und „Schubladendenken“ aller Art verhindern. Wer sein Inkognito im Verlauf seiner Gruppenteilnahme auflösen möchte darf dies jedoch tun.

Wer nach seiner zweiten Gruppenstunde (die erste „Probestunde“ zählt hier nicht) aus der Gruppe ausscheidet, verpflichtet sich, seine Beweggründe der Gruppe darzulegen.


Die Gruppe eignet sich nicht für Menschen die sich in derart schweren Krisensituationen befinden, dass intensive Einzelbetreuung erforderlich ist. Auch sollten Fähigkeit und Motivation zu „anstrengender Arbeit an sich selbst“ - in direkter Zusammenarbeit mit Leidensgenossen - gegeben sein.


Die Gruppe soll ein „Mikrokosmos“ sein und ist, trotz aller Künstlichkeit, oft ein erstaunlich präzises Abbild der Lebensrealität. Wer also z. B. „im richtigen Leben“ oft von seinen Mitmenschen enttäuscht ist, sollte darauf vorbereitet sein, ähnliche Enttäuschungen zunächst auch in der Gruppe zu erleben. Hier sollten derartige Erlebnisse jedoch als Chance für Erkenntnisgewinn und anschließende Umlernprozesse verstanden werden.


Mit Konflikten innerhalb der Gruppe ist zu rechnen. Diese sind lerntechnisch sogar sehr wichtig. Es geht darum, „schwierige Situationen“, d.h. konflikthafte Situationen, besser verstehen zu lernen und einen geeigneteren Umgang mit derartigen Situationen zu üben. Die Gruppe ist nicht als ein Mittel zur unmittelbaren Besserung der Befindlichkeit gedacht, sondern setzt im Gegenteil eine gewisse Leidensfähigkeit und Leistungsbereitschaft voraus.


Eine Selbsterfahrungsgruppe hat also, wie jede Form von Psychotherapie, „Risiken und Nebenwirkungen“, die im Extremfall erheblich sein können. Naheliegend ist z.B., dass sich unterschiedlichste negative Erfahrungen mit Menschen in schmerzhafter Weise auch im recht kontrollierten Szenario  der Gruppe wiederholen. 

Dieses Risiko wird gemindert durch die Anwesenheit des Therapeuten, der z.B. helfen kann Fehlinterpretationen vorzubeugen, Konflikte rechtzeitig zu klären, Überforderungen zu vermeiden, etc.

Bis zu einem gewissen Grad ist es allerdings wünschenswert bzw. unvermeidbar, dass sich typische Erlebens- und Verhaltensweisen der einzelnen Patienten im Gruppengeschehen wiederfinden.


Weshalb ist dies sinnvoll?


Damit Sie Ihre Fähigkeit verbessern können, Ihre Wirkung auf Dritte - gerade in schwierigen Situationen - gut einschätzen zu können. Damit Sie konkret und gezielt an Ihren Schwächen und Stärken im Umgang mit anderen Menschen arbeiten können.

Gezielt bedeutet z.B., dass Sie sich jederzeit Feedback einholen können, beispielsweise darüber was Ihre Verhaltensweisen bei anderen Menschen auslösen.

Auch kann Ihr Therapeut, der Sie ja in der Gruppe direkt beobachtet, hierdurch wesentlich besser Ihre Stärken und Schwächen im Umgang mit anderen Menschen beurteilen. 



Gruppenziele:


Es gibt allgemeine Gruppenziele, die jeder Gruppenteilnehmer, bewusst oder unbewusst, anstrebt.

Die wichtigsten sind: Dazugehören, sich aktiv beteiligen, Unterstützung und Wertschätzung erfahren, aber auch den anderen Gruppenmitgliedern zur Seite stehen etc.

Um von einer Selbsterfahrungsgruppe bestmöglich profitieren zu können, sind darüber hinaus die ganz persönlichen Zielsetzungen sehr wichtig.

Ich bitte daher jeden Gruppenteilnehmer, bereits vor der ersten Gruppenstunde ein persönliches „Erkenntnisziel“ und ein persönliches „Trainingsziel“ zu definieren.

Es sollen hierbei spezifische Ziele aus dem Bereich des „beobachtbaren“ zwischenmenschlichen Verhaltens gewählt werden.

Erkenntnisziele dienen dazu, Wissensdefizite bezüglich der Wirkung eigenen Verhaltens auf die  Mitmenschen zu verringern. Einfacher gesagt: Ich will herausfinden, wie ich mit bestimmten Verhaltensweisen auf meine Mitmenschen wirke.

Beispiel für ein spezifisches (also umschriebenes) Erkenntnisziel: „Wie viel gesunden Egoismus kann ich ausleben, ohne Akzeptanz und Wertschätzung der Gruppengemeinschaftmich zu verlieren?“


Wie gewinne ich solche Erkenntnisse?


Zum Teil merke ich es selbst unmittelbar (wie ich mich fühle, wenn ich bestimmte Verhaltensweisen zeige), zum Teil muss ich es mir von den anderen Gruppenmitgliedern sagen lassen, d.h. ich bitte die anderen Gruppenmitglieder um ein „umschriebenes Feedback“. Ich frage also z.B. ganz konkret. „Bitte sagt mir, wann und wie Ihr mich als durchsetzungsfähig erlebt habt.“

Ein gutes Erkenntnisziel beinhaltet also eine Frage, die mit Hilfe des Feedbacks der anderen Gruppenmitglieder ganz oder teilweise beantwortet werden kann.

Das Trainingsziel kann oft aus dem Erkenntnisziel sinnvoll abgeleitet werden (oder auch umgekehrt). Wenn ich beispielsweise in der Gruppe die Erkenntnis gewonnen habe, dass ich auch dann Akzeptanz finde, wenn ich versuche, meinen Bedürfnissen aktiv Geltung zu verschaffen, kann ich im weiteren systematisch trainieren, mich auf sozial verträgliche Weise durchzusetzen.

Zumeist werden Erkenntnis- und Trainingsziele gewählt, die auch in der Einzeltherapie zu den wichtigsten Therapiezielen gehören.

Wer sich dennoch schwer tut, gewinnbringende Gruppenziele zu finden, könnte sich z.B. überlegen, was er in der Gruppe (und im „richtigen Leben“) am meisten fürchtet. Oft bin ich dann schon nahe dran an einer sinnvollen Zielsetzung: Wenn ich beispielsweise die große Befürchtung habe, zum Außenseiter zu werden, weil es mir nicht gelingt, mich genügend „zu öffnen“, könnte ich z.B. folgendes Erkenntnisziel wählen: „Wie viel Offenheit muss ich wagen, dass ich anderen das Gefühl gebe, ihnen nahe zu sein?“

Passendes Trainingsziel wäre dann zum Beispiel: „Ich versuche so viel Offenheit wie möglich zu wagen.“ 

Ein gutes Trainingsziel beinhaltet konkrete Verhaltensweisen (die ich mit Hilfe von Problembewusstsein, Mut und Willensanstrengung herbeiführen kann) und zielt nicht unmittelbar auf Zustände ab, die ich nicht auf direktem Wege erreichen kann. 

Beispiel für ein ungeeignetes Trainingsziel: „Ich versuche in Konfliktsituationen souverän zu sein“.

Beispiel für ein geeignetes Trainingsziel: „Ich versuche in Konfliktsituationen zu meinen Überzeugungenzu stehen und authentisch meine Meinung zu äußern.“


Wie verfolge ich bestmöglich meine Erkenntnis- und Trainingsziele?


Vor jeder Gruppenstunde rufe ich mir meine Zielsetzungen ins Gedächtnis und überlege, was ich in der bevorstehenden Stunde dafür tun könnte.


Nach jeder Gruppenstunde halte ich Rückschau, was ich bei der Verfolgung meiner Gruppenziele erreicht habe.


In jeder Gruppenstunde versuche ich bei allen möglichen Gelegenheiten zu überlegen, was ich in der jeweiligen Situation versuchen könnte, um meine Gruppenziele wirksam zu verfolgen.


In jeder Einzelstunde bespreche ich mit meinem Therapeuten, wie ich in der Bearbeitung meiner Gruppenziele weiter gekommen bin.


Wichtige Arbeitsmittel in der Selbsterfahrungsgruppe:


Anfangsrunde/Abschlussrunde:

Hier können und sollen Sie Ihre Gefühle, Gedanken, Eindrücke und Anliegen,  bezogen auf den kommenden bzw. zurückliegenden Gruppentermin, in Ruhe äußern. Die anderen Gruppenteilnehmer dürfen in der Anfangs- und Abschlussrunde  keine Fragen stellen oder Kommentare abgeben  (nur der Gruppenleiter darf es).


Ein Anliegen einbringen:

Alles was Ihnen wichtig erscheint, können Sie ansprechen. Umfangreichere Anliegen sollten in der Anfangsrunde „angemeldet“ werden (oder in der Abschlussrunde für den nächsten Gruppentermin angekündigt werden).


Umfassendes Feedback erbitten:

Sie können die Gruppe bitten, alle bei Ihnen - während Ihrer bisherigen Gruppenteilnahme - positiv oder negativ aufgefallenen Verhaltensweisen zu schildern.


Spezifisches Feedback erbitten:

Sie können die Gruppe bitten, zu bestimmten - für Sie besonders interessanten - Thematiken Feedback zu geben (z. B. „wie durchsetzungsfähig war ich bisher - was ist Euch aufgefallen?“)


Spontanes Feedback geben:

Auch ohne Aufforderung ist Feedback meist sehr hilfreich. Hierbei handelt es sich praktisch immer um ein umschriebenes Feedback (z.B. „mir ist gerade aufgefallen, dass du inzwischen sehr mutig deine Meinung sagen kannst“).


Wichtigste Feedback-Regel:

Es sollen erfreuliche und problematische Verhaltensweisen sachlich beschrieben werden, generell wertende Aussagen (z.B. „ich finde dich sympathisch/unsympathisch “) sollen nicht erfolgen.


Trainings- und Erkenntnisziel der Gruppe präsentieren:

Dies erfolgt auch schriftlich am Flipchart. Die Gruppenmitglieder können einander naturgemäß viel besser unterstützen wenn jeder die Zielsetzungen des anderen kennt. 


Die Gruppe um Unterstützung bitten:

Alle Schwierigkeiten die sich für Sie in der Gruppe ergeben, können Sie nicht nur im Einzelgespräch bei Ihrem Therapeuten ansprechen. Sich hier direkt an Ihre Gruppenkollegen zu wenden, ist oft sinnvoller. Egal ob Sie sich überfordert, unterfordert oder in irgend einer Weise enttäuscht, frustriert oder auch nur schlecht informiert fühlen.


Bitte um Dauerhinweis:

Sie können die Gruppe bitten, Sie systematisch auf bestimmte Verhaltensweisen aufmerksam zu machen (z.B. „bitte sagt mir immer sofort, wenn ich verletzende Äußerungen mache“).


Eigenes Inkognito aufheben:

Trotz aller Vorteile die der Inkognito-Modus bietet, haben Gruppenmitglieder des öfteren das Bedürfnis wichtige Fakten oder Begebenheiten aus ihrem „richtigen Leben“ zu berichten. Z.B. um besser verstanden zu werden oder um sich konkreten Rat zu holen.


„Problemmodell“ präsentieren :

Oft im Zusammenhang mit der Aufhebung des Inkognitos wird die eigene Problematik, die Anlass zur Therapie gab, in einem 5-Minuten-Kurzvortrag den anderen Gruppenmitgliedern erläutert. Diese sollte auch in schriftlicher Form (max. eine DIN-A4-Seite) festgehalten werden.


Auf die Metaebene gehen:

Dies bedeutet, dass darüber geredet wird, was in der Gruppe geschehen ist. Z. B. „ich hatte den Eindruck, dass wir heute alle ein wenig träge waren. Ich vermute, dass die meisten nicht an die konflikthafte Diskussion vom letzten Mal anknüpfen wollten. Nachdem diese Thematik aber noch längst nicht geklärt ist, konnten wir uns auch nicht mit Elan anderen Themen zuwenden“.


Reihumbefragung:

Nicht nur im Rahmen einer Bitte um Feedback können Sie Ihre Gruppenkollegen reihum befragen, auch zu anderen Fragestellungen (z.B. im Zusammenhang mit Ihren Gruppenzielen) können Sie sich die Meinung eines jeden Gruppenmitgliedes sagen lassen.


Problemanalyse:

Sie können die Gruppe bitten, für Sie schwierige Situationen zu klären. Dies kann z.B. eine kleine Meinungsverschiedenheit oder auch ein Dauerkonflikt sein, den Sie evtl. mit einem anderen Gruppenmitglied haben.



Nachbearbeitungsblatt nutzen:

Das Gruppennachbearbeitungsblatt (siehe unten), sollte idealerweise nach jeder Gruppenstunde ausgefüllt und dem Gruppenleiter zugeleitet wird. Sie sollten von diesem wertvollen Instrument vor allem Gebrauch machen, wenn Sie sich während einer Gruppenstunde sehr schlecht, sehr gut, gelangweilt, unterfordert, überfordert oder ratlos fühlen.


Peace-Zeichen“

Jeder Gruppenteilnehmer hat die Möglichkeit das „Peace-Zeichen“ zu geben, wenn eine Situation in der Gruppe als stark belastend erlebt wird oder wenn der dringende Verdacht besteht, eine Situation könnte für ein anderes Gruppenmitglied zu belastend sein.

Wurde das Peace-Zeichen gegeben, so hat die Gruppe inne zu halten und die Situation zu klären („was läuft hier gerade ab?“). Die Gruppe muss sich beraten und Maßnahmen treffen, das betroffene Gruppenmitglied in geeigneter Weise zu schützen. Unter Umständen kann es nötig werden z. B. eine Diskussion abzubrechen, einem Gruppenteilnehmer vorübergehend das Wort zu entziehen etc. Das Peace-Zeichen soll nur bei seelischer Not angewandt werden, nicht bei Genervtheit, leichtem Unbehagen o. Ä. Eine Missachtung des Peace-Zeichens kann zum Gruppenausschluss führen, da gewährleistet sein muss, dass sich Gruppenmitglieder nicht bedroht oder gravierend überfordert fühlen.


„Krisengespräch“:

Sollten Sie sich während bzw. nach einer Gruppenstunde so schlecht fühlen, dass Sie Schwierigkeiten sehen, Ihre Erlebnisse gut zu verarbeiten, ist ein Gespräch mit Ihrem Gruppenleiter auch unmittelbar nach Ende der Gruppenstunde möglich.


Sich eine „Challenge“ wünschen:

Wer sich in der Gruppe unterfordert fühlt oder besonders schnell vorankommen möchte, kann sich von der Gruppe eine Herausforderung (unterschiedlicher Größe) - passend zum eigenen Trainingsziel - wünschen.



Häufige Fragen zur Gruppentherapie:


1.

Wie streng ist die Schweigepflicht? Darf ich beispielsweise meinem Partner etwas von meinen Erlebnissen in der Gruppe berichten?


Selbstverständlich muss es für Sie möglich sein, sich über die vielleicht sehr bewegenden und wichtigen Erlebnisse während der Gruppentherapie mit Personen Ihres Vertrauens auszutauschen. Persönlichkeitsrechte Dritter müssen jedoch unbedingt beachtet werden. Das bedeutet, dass in erster Linie über eigenes Erleben berichtet werden soll. Wenn hierbei von konkreten Personen erzählt wird, so darf dies nur in anonymisierter Form erfolgen: Also nicht nur Verzicht auf Namen, sondern auch auf alle anderen Merkmale, die zur Identifikation eines anderen Gruppenteilnehmers führen könnten.


2.

Verhalten in der Gruppe: Gegenseitige Offenheit ist erwünscht – aber wo sind die Grenzen?


Offene Mitteilungen eigener Gefühle, Gedanken, Bedürfnisse, Beobachtungen, Erkenntnisse, sowie Feedbackäußerungen unterschiedlichster Art sind notwendig, sowohl für das Verfolgen der eigenen Zielsetzungen in der Gruppe, als auch um anderen Gruppenteilnehmer Rückmeldung bezüglich deren Zielerreichung zu geben. Zurückhaltung sollten sich die Gruppenteilnehmer dann auferlegen, wenn Belastungsgrenzen eines Gruppenteilnehmers zu erkennen sind. Im Zweifelsfall kann erfragt werden, in wie weit ein anderer Gruppenteilnehmer Feedback wünscht. Zudem kann der Gruppenleiter Gruppenteilnehmern „das Wort entziehen“, falls er Gefahr sieht, dass durch unbedachte oder stark impulsive Äußerungen Schaden entstehen könnte.


3.

Darf ich in der Gruppe auch über nicht anwesende Gruppenmitglieder reden?


Man darf es nicht nur - oft ist dies auch für die Bearbeitung des Gruppengeschehens dringend erforderlich. 


4.

Sind Kontakte der Gruppenmitglieder auch außerhalb der Gruppentermine möglich?


Viele Gruppenleiter sehen dies als problematisch an. Ich selbst habe es oft als Bereicherung des Gruppengeschehens erlebt, wenn sich beispielsweise die ganze Gruppe im Anschluss an die Gruppensitzung noch „auf ein Getränk“ in einem Lokal zusammengesetzt hat. Hierbei kann es möglich sein, zusätzliche Eindrücke zu gewinnen bzw. Erfahrungen zu machen. Es gilt allerdings der Grundsatz, dass es keine Geheimnisse geben soll, d.h. alles was zwischen Gruppenmitgliedern außerhalb der Gruppe stattfindet bzw. gesprochen wird, sollte der Gruppe berichtet werden können. Auch sollte es nicht zur Fortsetzung der Gruppenstunde ohne Gruppenleiter kommen. Nach Beendigung der Gruppenteilnahme sind fortbestehende Kontakte der Gruppenteilnehmer durchaus wünschenswert.


5.

Wie lange soll bzw. kann ich an einer Selbsterfahrungsgruppe teilnehmen?


Um sich Erkenntnisziel und Trainingsziel zufriedenstellend anzunähren, ist für die meisten Gruppenteilnehmer eine Teilnahme an 20 – 40 Gruppenterminen erforderlich. Viele Selbsterfahrungsgruppen erstrecken sich (mit stetigem Gewinn für die Gruppenteilnehmer) über wesentlich längere Zeiträume. Dies ist allerdings in der Regel nicht über die Krankenversicherung finanzierbar.


6.

Auf welche Menschen werde ich in der Selbsterfahrungsgruppe treffen?


Alle Gruppenteilnehmer müssen über eine gewisse Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft verfügen – sollten sich also z.B. nicht in einer hochakuten Krise befinden. Alle Gruppenteilnehmer sollten fähig und bereit sein, eigenes Erleben und Verhalten selbstkritisch zu hinterfragen und über Gesprächsdisziplin und Konfliktfähigkeit verfügen. Ansonsten wird versucht, eine möglichst „bunte Mischung“ an Persönlichkeiten, zusammenzustellen. Auch Alter und Geschlecht sollten unterschiedlich sein. Dies alles dient dazu, einen „Mikrokosmos“ zu schaffen. Wie „im richtigen Leben“ treffen Sie in der Selbsterfahrungsgruppe auf sehr unterschiedliche Menschen, die aber geeint werden durch Fähigkeit und Bereitschaft, voneinander zu lernen, sich gegenseitig zu unterstützen und zu respektieren.


7.

Muss ich mich zur längerfristigen Gruppenteilnahme verpflichten, oder kann ich die Gruppe schnell wieder verlassen, wenn sich meine Erwartungen nicht erfüllen? 


Die erste Gruppenstunde erfolgt „zur Probe“. Wer länger an der Gruppe teilnimmt sollte bereit sein, den anderen Gruppenmitgliedern im Falle eines vorzeitigen Austritts, seine Beweggründe hierfür zu erläutern. 


8.

Wie viele Informationen über meine Lebensverhältnisse muss ich der Gruppe geben?

Muss ich die Probleme, die zu meiner Therapie Anlass gaben, in allen Details schildern?


Die Vermittlung dieser Informationen ist in meinen Gruppen zum Teil gar nicht erforderlich. Anfangs wird sogar bewusst ein „Inkognito“ der Teilnehmer bzw. eines neu hinzukommenden Teilnehmers gewahrt. Dies um zu möglichst unvoreingenommenen Einschätzungen zu gelangen. Sehr wichtig dagegen ist die Bereitschaft, sich im Rahmen des Gruppengeschehens um Offenheit zu bemühen. Die Erlebnisse innerhalb der Gruppe werden ausführlich besprochen - Erlebnisschilderungen einzelner Gruppenteilnehmer aus deren persönlichem Erfahrungsbereich außerhalb der Gruppe sollen eher kurz gehalten werden.


9.

Welche Eskalationsrisiken gibt es?


Die Auswahl der Gruppenmitglieder erfolgt nach strengen Kriterien bezüglich der „sozialen Verträglichkeit“ (bitte prüfen Sie auch selbst, ob Sie diesen Anforderungen genügen können): Patienten bei denen Risiken zu Gewaltausbrüchen jeglicher Art (hier kommt sicher in erster Linie verbale Gewalt in Betracht) zu erkennen sind, können an der Gruppe nicht teilnehmen. Dennoch können verbale Entgleisungen nie vollständig ausgeschlossen werden. Für solche Fälle hat der Gruppenleiter das Recht, dem Betreffenden strikt das Wort zu entziehen. Im Falle einer Missachtung droht der Ausschluss aus der Gruppe. Das mag hart erscheinen. Es geht jedoch in solchen Fällen um weit mehr als die Wahrung der Diskussionskultur. Alle Gruppenmitglieder sollen zu jeder Zeit das Gefühl von Sicherheit und Schutz durch die Gruppengemeinschaft bzw. den Gruppenleiter empfinden können (siehe auch „Handwerkszeug: Peace-Zeichen“).


10.

Was kann ich tun, wenn ich mich in der Gruppe sehr schlecht gefühlt habe?


In diesem Fall besteht die Möglichkeit, gleich nach dem Ende der Gruppenstunde, mit dem Gruppenleiter ein Gespräch zu führen. 


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Hier das Gruppennachbearbeitungsblatt, welches jeder Gruppenteilnehmer nach jeder Gruppenstunde ausfüllen und dem Gruppenleiter zuleiten soll:



Gruppenstunde vom ..................... Mein Vorname: .........................



Meine Befindlichkeit zu Beginn der Gruppenstunde:



Meine Befindlichkeit am Ende der Gruppenstunde:



Mein Erkenntnisziel lautet:



Um meinem Erkenntnisziel näher zu kommen habe ich heute Folgendes versucht:



Mein Trainingsziel lautet:



Hierfür habe ich heute Folgendes versucht:



Zufrieden war ich mit mir heute in folgenden Punkten:



Besser hätte ich Folgendes machen können:



Ich hätte mir mehr Unterstützung gewünscht



Ja/Nein



Wenn ja:


Gruppe/Gruppenleiter hätten mich wirksamer unterstützen können, indem .....



Für die nächste Gruppenstunde nehme ich mir Folgendes vor:




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Und hier noch, für die etwas fortgeschrittenen Gruppenteilnehmer:


Kleine Checkliste für Gruppenteilnehmer:


Habe ich das Gruppenvorbereitungsblatt ausgefüllt und mit dem Gruppenleiter komplett

durchgesprochen?


Kenne ich alle allgemeinen „Arbeitsmittel“ der Gruppe?


Habe ich mein Erkenntnisziel und Trainingsziel schon so bewusst vor Augen, dass ich nicht nur in der Gruppe, sondern auch auch in meinem Lebensalltag an diese Zielsetzungen denke?


Welche spezifischen „Handwerkszeuge“ habe ich in den Einzelstunden schon kennen gelernt, um mein Trainingsziel wirksam verfolgen zu können?


Habe ich mein Erkenntnis- und Trainingsziel schon der Gruppe präsentiert (Flipchart)?


Habe ich mir schon einmal ein spezifisches Feedback von der Gruppe geben lassen?


Gelingt es mir die Gruppe vorzubereiten- und nachzubearbeiten? Nutze ich hierzu das Gruppen-Nachbearbeitungsblatt?


Mache ich vom Handwerkszeug „Dauerhinweis“ gebrauch?


Will ich mein Inkognito auflösen? Wann? Warum? Warum nicht?


Habe ich schon einmal ein spezielles Anliegen in die Gruppe eingebracht?


Habe ich der Gruppe schon mein „Problemmodell“ präsentiert?


Habe ich mir schon einmal überlegt welche Beziehung/Bindung ich zu meinen GruppenkollegInnen habe, bzw. haben möchte?


Mache ich mir während der Gruppenstunden manchmal Gedanken über die Art und Weise wie ich und andere mentalisieren?





Literaturempfehlung: Irvin Yalom: „Die Schopenhauer-Kur“


Dieser sehr unterhaltsame Roman liefert anschaulichste Information, wie man sich Verlauf bzw. Prozess einer Selbsterfahrungsgruppe vorstellen kann. Ich versuche, meine Gruppen zu weiten Teilen in ähnlicher Weise zu gestalten. Zu beachten ist allerdings, dass die geschilderte Gruppe über wesentlich mehr Zeit verfügt. Auch versuche ich, die Gruppenarbeit noch stärker „im Hier und Jetzt“ stattfinden zu lassen. Dies bedeutet, dass z.B. in der Anfangsphase einer Gruppe ein Inkognito gewahrt wird: D.h., dass die Gruppenteilnehmer zunächst nicht über ihre Lebensverhältnisse und nicht über die Gründe berichten, die zur Gruppentherapie Anlass gaben.